Das Amtsgericht Schwetzingen (AZ. 4 C 217/15) hat entschieden, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main über den Haftungsverzicht bei Fahrten von Krafträdern in einem Pulk auch für Unfälle auf dem Hockenheimring anwendbar ist, auch wenn der Unfall nicht von einem im Pulk fahrenden Teilnehmer verursacht wird.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger nahm mit seinem Motorrad an einer Touristenfahrt auf dem Hockenheimring teil. Der Beklagte war mit seinem KRAD ebenfalls Teilnehmer der Touristenfahrt. In der letzten Kurve vor der Start- und Zielgeraden kam der Beklagte mit seinem KRAD von der Strecke ab und fuhr über die Auslaufzone. Als der Beklagte mit seinem Motorrad in Höhe der Start- und Ziellinie wieder auf die Rennstreke gefahren ist, ist er in einen Pulk von Motorrädern hineingefahren und kollidierte mit den einzelnen Teilnehmern aus diesem Pulk. Ein Motorrad ist dabei explodiert. Der Beklagte und drei weitere Teilnehmer, darunter auch der Kläger, sind gestürzt und haben sich zum Teil sehr schwere Verletzungen hinzugezogen. Der Kläger verlangte vom Beklagten und seiner Haftpflichtversicherung den Ersatz des gesamten Schadens. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hatte den Schaden vorgerichtlich zu 50 % reguliert. Der Kläger begehrt den Ersatz seines vollständigen Schadens.
Das Gericht stellte fest, dass es sich bei den Touristenfahrten auf dem Hockenheimring um keine Rennveranstaltungen handelt. Es gelten grundsätzlich die Regeln der Straßenverkehrsordnung.
Indem die Kraftradfahrer in einem Pulk gefahren sind, haben diese stillschweigend auf die Haftung untereinander verzichtet, da diese einvernehmlich auf die Einhaltung des von der Straßenverkehrsordnung vorgegebenen Sicherheitsabstands verzichtet haben. Dadurch sind die Fahrer im Pulk ein besonderes Risiko eingegangen, dass im Falle einer Störung der Fahrbetriebs einzelne Fahrer nicht mehr rechtzeitig auf diese reagieren können und es so leicht zu Auffahrunfällen kommen kann.
Diese besondere Fahrsituation rechtfertige aus Sicht des Gerichts die Annahme eines konkludenten Haftungsverzichtes. Dies gelte auch dann, wenn der Unfall durch einen Dritten heirbeigeführt worden ist, der nicht im Pulk der Krafträder gefahren ist.
Die Entcheidung des Amtsgerichts Schwetzingen ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung des Gerichts wurde bereits Berufung beim Landgericht Mannheim eingelegt.
Der Verfasser geht davon aus, dass die Entscheidung des Amtsgerichts einen wichtigen Punkt nicht beachtet hat. Ein Haftungsverzicht, wie ihn das OLG Frankfurt festgestellt hat, ist in diesem Fall entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht anwendbar, da der Kläger und der Beklagte nicht in einem Pulk gefahren sind. Der Beklagte war als Unfallverursacher nicht von einem stillschweigenden Haftungsverzicht mitumfasst, wenn er von außen auf den Pulk einwirkt.
Es gilt abzuwarten, wie das Berufungsgericht die Rechtslage dieses ungewöhnlichen Falles einschätzt.
Edit:
Das Landgericht Mannheim hat in einem Parallelverfahren entschieden, dass bei Touristenfahrten auf einer Rennstrecke (hier handelt es sich um den Hockenheimring) kein allgemeiner Haftungsverzicht, auch nicht stilschweigend, vereinbart wurde. Aufgrund eines schweren Fahrfehlers des Beklagten wurde dem Kläger auch nicht die Betriebsgefahr seines Kraftrades angelastet.