Zeugnisverweigerungsrecht und Fahrtenbuchauflage

Zeugnisverweigerungsrecht und Fahrtenbuchauflage

Das hamburgische Oberverwaltungsgericht hat mit dem Beschluss vom 28.06.2016 entschieden, dass eine Fahrtenbuchauflage für einen Kfz-Halter, welcher die Daten des Fahrzeugführers zum Zeitpunkt eines Verstoßes aufgrund eines Zeugnisverweigerungsrechts nicht angegeben habe, auferlegt werden darf.

Dem Ganzen lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war Halter des Fahrzeugs, mit welchem im Juni 2011 auf der Bundesautobahn A7 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 28 km/h überschritten wurde. Am Folgetag wurde mit demselben Fahrzeug auf der gleichen Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 62 km/h überschritten. Dem Kläger wurde ein Anhörungsbogen übersandt. Der Kläger hatte den Anhörungsbogen nicht zurückgesandt. Die Bußgeldbehörde konnte daraufhin den Fahrer, welcher die zwei Verstöße begangen hat, nicht ausfindig machen und erteilte dem Kläger im September 2011 die Auflage für das Fahrzeug, mit welchem die Ordnungswidrigkeiten begangen wurden, für den Zeitraum von 18 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen.

Hiergegen wehrt sich der Kläger zunächst mit einem Widerspruch und sodann mit einem Klageverfahren. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die Klage im April 2015 abgewiesen. Auch das hamburgische Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg. Der Kläger trug vor, dass die Fahrtenbuchauflage das Zeugnisverweigerungsrecht aushebeln würde, welches sich auch aus Artikel 6 Grundgesetz herrühre.

Das Gericht stellte fest, dass die Fahrtenbuchauflage aus der Obliegenheit eines jeden Halters eines Kraftfahrzeugs resultiere, an der Aufklärung eines mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes soweit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar sei.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederspreche allerdings der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits im Jahr 1995 festgestellt, dass der Kraftfahrzeughalter grundsätzlich sein Zeugnisverweigerungsrecht ausüben dürfe, wobei eine Fahrtenbuchauflage dennoch auferlegt werden dürfe.

Dem Fahrzeughalter dürfe ein doppeltes Recht, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, bestehe nicht. Ein solches Recht würde dem Zweck des § 31 a StVZO wiedersprechen und die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs nicht weiter fördern.

Zudem sei mit der Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuchs das Recht des Betroffenen gewahrt, sich selbst nicht bezichtigen zu müssen. Das öffentliche Interesse an der zukünftigen ungehinderten Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten dürfe dabei nicht vernachlässigt werden. Zudem würde nach Ansicht der Rechtsprechung das Zeugnisverweigerungsrecht durch die Fahrtenbuchauflagen nicht umgangen. Denn der Kfz-Halter dürfe ja weiterhin seine Aussage verweigern, sodass es nicht zu der Überführung des Verwandten führt. Die Fahrtenbuchauflage zwingt insofern nicht den Kläger, den Fahrer preiszugeben und kann lediglich nur für die Zukunft zur Aufdeckung möglicher weiterer Ordnungswidrigkeiten führen.

Zudem stelle die Fahrtenbuchauflage ein präventives Instrument im Rahmen der Gefahrenabwehr dar und solle gerade verhindern, dass mit dem Fahrzeug des Halters in Zukunft Ordnungswidrigkeiten oder Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung begangen werden. Lediglich als Nebenfolge können künftige Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung auch effektiv durchgesetzt werden.

Aus diesem Grunde ist eine verfassungskonforme Reduktion des § 31 a StVZO, welcher die Fahrtenbuchauflage regelt, nicht erforderlich.

Diese Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung und ist daher nicht überraschend. Allerdings lohnt sich die Überlegung, auf das Zeugnisverweigerungsrecht zu beharren und möglicherweise eine Fahrtenbuchauflage zu riskieren. Wann eine solche Überlegung sinnvoll ist, hängt von den einzelnen Umständen ab.

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